
Unser Road Trip durch Patagonien gestaltet sich weiterhin sehr abenteuerlich. Der zweite Teil der Strecke, welche wir uns ausgesucht haben, verläuft von Ushuaia über Porvenir nach Punta Arenas, Puerto Natales, El Calafate, Los Antiguos, die Carretera Austral (Chile) hoch über Chiloé bis nach Puerto Montt mit einem Abstecher nach El Bolson bei Bariloche und zum Abschluss durch die Provinz Neuquén in Argentinien. Wir werden einige Male auf dieser Route die Grenze von Chile nach Argentinien und umgekehrt überqueren und jedes Mal werden wir die gleichen Prozesse am Zoll durchlaufen und die gleichen Formulare wieder und wieder ausfüllen. Wir machen uns bereits einen Spass daraus. Nun kennen wir unsere Passnummern in und auswendig. Doch an Tagen, an welchen man müde ist, kann so ein ein- bis zweistündiger Grenzübertritt mit Migration und Einfuhr der Motorräder sehr nervenaufreibend sein. Daher ein guter Tipp: vorher immer Essen, ausgeschlafen sein und gute Laune mitbringen, dann kann nichts mehr den Tag trüben! Weiter geht es mit Teil 2 unseres Patagonien Road-Trip.
Die Fahrt raus aus Ushuaia Richtung Rio Grande stellt sich schwieriger heraus als gedacht. Ushuaia ist windstill doch sobald man über den Paso Garibaldi fährt, schleicht sich der Wind ganz heimlich von der Seite an. So starken Wind hatten wir bisher noch nie gehabt! Trotz Windy App und 6 Uhr morgens aufstehen werden die Windböen immer stärker. Seitenwind mit starken Böen vermischt ergibt eine steile Seitenlage. Es gilt das Motorrad und sich selbst in Balance und somit auf der Spur zu halten. Unsere ganze Konzentration und Energie gilt nun der Strasse und unseren Stahlpferden. Zum Teil kommt es so weit, dass wir eine Linkskurve rechts anfahren müssen, da der Wind so stark von rechts kommt und wir dagegen lenken müssen. Den Helm windet es uns fast vom Kopf und unsere Hals- und Nackenmuskeln werden beansprucht und gefordert. Der Kampf gegen den Wind geht weiter! Es sind 220 km bis zum heutigen Tagesziel, zurück nach Rio Grande. Die Strecke führt direkt am Meer entlang und der Wind hat sozusagen freie Fahrt und tost in rasender Geschwindigkeit über die flache Landschaft. Gräser und Büsche und Bäume wachsen bereits schief. Wir haben alles an Kleidung an, was das Gepäck hergibt und fühlen uns wie Michellinmännlein, wenigstens regnet es nicht. Was für ein Trost. Man muss immer das Positive in der Situation sehen ;-). Die Windböen sind heimtückisch und überraschen uns immer wieder. Es benötigt mentale Stärke, Durchhaltevermögen, Technik - um das Motorrad zu manövrieren - und ein paar Stossgebete gen Himmel. Manchmal hilft auch ein Mantra in den Helm zu singen.
Gut in Rio Grande angekommen tanken wir erstmal unsere Motorräder auf. Diese schlucken nämlich fast doppelt soviel Benzin wie normal... auch darauf hat der Wind einen grossen Einfluss!
endlich angekommen
Wir sind fix und alle
Jedes Gefährt schafft es irgendwie nach Ushuaia!
Am nächsten Tag erwartet uns nichts Neues. Der Wecker klingelt, wie bereits gewohnt, in den frühen Morgenstunden. Nach dem Frühstück packen wir unsere Motorräder und fahren gleich los, Richtung chilenische Grenze. Heute meint es der Wind nicht besser mit uns. Wir sind etwas unmotiviert, da es uns viel Energie kostet und die Windstärken mit jeder Stunde zunehmen. Rückenwind wäre ja auch mal ganz schön... doch irgendwie bläst er von jeder Seite nur nicht von Hinten. Shit happens! Die Fahrt bis zur Grenze in San Sebastian verläuft ohne Zwischenfälle. Wir sind nicht die einzigen, welche sich ein windstilles Örtchen suchen, doch von denen gibt es sozusagen keine... ausser im Grenzhäuschen, was aber bereits gestossen voll ist. Also warten wir vor der Tür mit unseren Papieren in den Händen und plötzlich will Wanda nicht mehr stehen. Oh Schreck! Eine Windböe hat sie einfach so umgeworfen. Das Motorrad wiegt mit dem Gepäck nahezu 300kg! Joder!
Nach dem ganzen Papierkram wechseln wir die Fahrtrichtung von Norden nach Westen. Wir wollen nach Porvenir, wo wir um 15 Uhr die Fähre nach Punta Arenas erwischen sollten. Es ist nämlich die letzte für heute. Doch zuerst kommen 90 km Schotterpiste, wofür wir gute zwei bis drei Stunden benötigen. Und wir haben etwas Glück, der Wind kommt direkt von vorne, was uns das Leben auf dem Schotter erheblich erleichtert. Endlich mal kein Seitenwind! Doch im Helm dröhnt es wie in einem Jumbojet. Pünktlich angekommen, jedoch keine Fähre. Wir erfahren, dass diese erst um 17 Uhr anlegt. Um 19 Uhr kommen wir in Punta Arenas an und haben sogar Delfine gesehen!

In Punta Arenas steht ein Komplettservice unserer Maschinen an sowie auch bei uns. Neue Reifen, Ölwechsel, Wäsche waschen, erholen und die Stadt erkunden. Und ganz wichtig: Wir erwarten ein Packet aus Deutschland! Wir haben nämlich Samu unser Leid bezüglich unserem Kocher geklagt, den wir bereits am Anfang unserer Reise in Argentinien verloren haben. Samu hat sich uns erbarmt und einen Kocher per DHL für 20 Euro nach Punta Arenas geschickt. Und siehe da, nach 10 Tagen haben wir den Kocher in den Händen und können die Weiterfahrt antreten. Juhuuuui! Vielen Lieben Dank an Samu uns Susi, ihr habt uns gerettet! Und das Beste ist, wir haben Toblerone im Packet gefunden, ganze drei Stück!!! Yammmi! Wie cooool!

Punta Arenas, Chile







Fitness am Stand

Dunkle Wolken ziehen auf



Hernando de Magallanes

Bei Susanne und Claudio zu Hause. Claudio hat uns ein super feines Essen gezaubert!

Mit Werner und Henry beim Apéro. Salud!
Puerto Natales, Chile
Nach einer Woche in Punta Arenas haben wir alle benötigten Ersatzteile erhalten. Uns zieht es weiter Richtung Norden. Irgendwie haben wir genug vom Wind, doch bis zur windfreien Zone sind es noch ein paar Tausend Kilometer. Also am besten die Motivation behalten, und das tun wir auch, denn in Puerto Natales treffen wir Salome und Dän wieder, die zwei Fahrradfahrer aus Bern, welche wir in Argentinien getroffen haben. Wir freuen uns schon riesig auf das Wiedersehen nach vier Monaten!

Und die erste Toblerone wird zur Feier des Tages mit Salome und Dän geteilt und verputzt :-). Wir geniessen die Tage zu viert auf dem Camping mit "Brandy Dog" alias Jürgen ;-)spielen, feinem Essen und vielen tollen Gesprächen. Wir tauschen uns über die Routen aus und geben uns gegenseitig Tipps.
Gemeinsam wollen wir den Nationalpark Torres del Paine besuchen, doch entscheiden uns letztendlich dagegen. Der Parkeintritt (40 US Dollar pro Nase) sprengt unser Budget. Nach einigen Tagen trennen sich unsere Wege wieder, denn wir fahren in den Norden und die zwei Berner sind unterwegs nach Ushuaia.







Wir freuen uns bereits wieder auf Argentinien! Heute steht wieder ein Grenzübergang an und die Argentinier heissen uns mit offenen Armen willkommen. Sogar die Zöllner sind hier immer für ein Spässchen zu haben. Wir entscheiden uns nach El Calafate zu fahren, um dort für ein paar Tage unser Zelt aufzuschlagen. Nicht weit von hier ist nämlich der beindruckende Gletscher "Perito Moreno", den wir uns gerne anschauen möchten.
El Calafate & Perito Moreno Glaciar, Argentina




selbst dem Hund weht es fast den Pelz davon!

31.1.24 Heute machen wir einen Tagesausflug zum Perito-Moreno Gletscher, welcher sich 70 km entfernt von unserem Camp befindet. Der Perito-Moreno Glaciar ist einer der aktivsten Gletscher und liegt in den südamerikanischen Anden. Er gehört zum Unesco-Weltnaturerbe des Nationalparks Los Glaciares. Ein Teil des Gletscherursprungs liegt in der Chilenischen Antarktis und ein Teil seiner Gletscherzunge liegt im Lago Argentino in der Region Santa Cruz in Argentinien. Wir nähern uns dem Gletscher auf einer wunderschönen kurvenreichen Strecke durch den Nationalpark und bestaunen die atemberaubende Natur. Wir sind umgeben von glasklarem Gletscherwasser und Wäldern. Langsam schlängeln wir uns die letzten Kilometer bis zum Parkplatz. Hier müssen wir Wanda und Barana zurücklassen und den Weg zu Fuss fortsetzen. Auf kleinen Holzbrücken, die am Seeufer entlang gehen, kommen wir dem riesigen Eisbrocken näher und er versetzt uns den ganz Tag ins Staunen. Wir sind so verzaubert, dass wir gar nicht wegschauen können. Man hört ein grollen, lautes Knierschen und Knarren. Der Gletscher ist aktiv, er bewegt sich und lässt uns ganz demütig werden. Wir stehen Mitten in einer magischen Szenerie, die ganz unwirklich scheint.





Einige bemerkenswerten Fakten: Der Gletscher ist 30 km lang und hat eine Fläche von 254m2. Die Höhe ab Wasserlinie liegt zwischen 55 und 77 Meter, wobei die tiefste Stelle bei 164 Meter gemessen wurde. Die Höchste Stelle des Perito-Moreno liegt auf 2950 m.ü.M. und veranstaltet mächtigen Krach ;-), wobei man zwischendurch mit viel Geduld und etwas Glück einen riesigen Brocken Eis ins türkisblaue Wasser stürzen sieht, welcher eine mittelgrosse Flutwelle auslöst. Wir sind beeindruckt von diesem gewaltigen Spektakel in Mitten purer Natur!

In El Calafate zurück treffen wir Bruno wieder! Wir entscheiden uns ein Stück gemeinsam Richtung Norden zu fahren. Heute ist Los Antiguos das Tagesziel. Los Antiguos liegt an der Grenze zu Chile, wo wir eine Nacht verbringen und Bekannte treffen. Das Städtchen feiert gerade seinen 76 Geburtstag. Es werden traditionelle Tänze von Gross und Klein aufgeführt. Das Gastland ist Mexico. Doch zuvor müssen wir auf der Ruta 40 zwischen Tres Lagos und Gobernador Gregores die Maldita durchfahren, welche aus Schotter besteht. 10 km davon sind ziemlich übler Schotter. Aufgehäufter Kies und Furchen erwarten uns. Zum Glück bläst kein Wind, was uns das Leben auf dem Motorrad sichtlich erleichtert.
Im Hintergrund sieht man die Torres del Paine
10 km lange Kiesstrasse, die Maldita
Fitz Roy
Los Antiguos, Argentina
Kurz vor Los Antiguos
wo wir Bekannte besuchen
Dora & Louis
Wir dürfen eine Nacht bei Ihnen verbringen und werden herzlich empfangen - GRACIAS!
76 Jahre Los Antiguos
Das ganze Dorf versammelt sich zur Feier
Nachdem wir bei Dora und Louis verköstigt wurden, fahren wir heute wieder einmal über die Grenze von Argentinien nach Chile. Denn Zollbeamten scheint es langweilig zu sein und wir dürfen sie unterhalten. Wir müssen tatsächlich das ganze Gepäck abladen und es wird alles gescannt. Die ganze Prozedur kostet Energie, viel lächeln und nachdem das Gepäck wieder aufgeladen ist, sind wir bereit für einen Kaffee bevor es auf die Carretera Austral geht.
Carretera Austral, Chile

Der Lago Gral. Carrera bzw. Lago Buenos Aires liegt auf chilenischem wie argentinischem Boden. Die Carretera Austral schlängelt sich dem See entlang. Dies ist die offizielle Nationalstrasse, wo auch Doppeldeckerbusse fahren. Eng, kurvenreich, Schotter und eine atemberaubende Aussicht.

Wir halten in Puerto Rio Tranquillo und Zelten einige Tage bei tiefen Temperaturen. Zum Glück haben wir eine Wärmflasche dabei. Diese ist auf der ganzen Patagoniendurchfahrt unser meistgebrauchter Gegenstand ;-). Was wir hier noch anschauen möchten, sind die berühmten Marmorhöhlen "Catedral de Marmol". Wir besuchen diese auf dem Wasserweg... mal was anderes!



Catedral de Marmol




Am 8.2.24 geht es weiter über eine 200 km lange Schotterpiste nach Puerto Aisén und danach zu einem versteckten urigen Fischerdörfchen Namens Puerto Puyuhuapi, welches an einem Fjord liegt. Wir entscheiden uns spontan eine Nacht zu bleiben, weil es uns so gut gefällt. Es ist ruhig, sonniges Wetter und wir lassen uns von der Sonne aufwärmen. Dazu gibt es einen kleinen Happen Ceviche und eine Cerveza! Am nächsten Tag fahren wir nach Chaitén, wo wir uns nach der Fähre, welche am Folgetag zur Insel Chiloé fährt, erkunden. Die Strecken hinterlegen wir zu 90% auf Schotterpisten und lassen uns von der wunderschönen Landschaft beriesseln.
im Hintrgrund der Volcano Corcovado
Mit der Fähre von Chaitén nach Quellón, Chiloé




Chiloé

Ankunft in QUellón, Chiloé


Mittag

Sonnenuntergang

Sonnenaufgang

Chiloé ist für seine vielen Holzkirchen aus dem 17. und 18. Jahrhundert bekannt. Viele davon sind seit 2000 UESCO-Kulturerbe. Zuvor waren die Mapuche und Chono-Indianer hier angesiedelt, bis die Insel 1567 unter spanische Herrschaft viel.
Wir fahren von Süden nach Norden, zum Teil über kleine Schotterpisten zu den Fjorden und geniessen die Aussicht mit Picknick. Unser heutiges Ziel ist die "Maison Bleue" ca. 40 km südlich von Ancud, welches im Norden der Insel am Fähr-Hafen mit Verbindung zu Puerto Montt liegt.

HISTORISCHE KIRCHEN

Javier ist Franzose und lebt schon seit einigen Jahren auf Chiloé mit seiner chilenischen Frau und seinen zwei Töchtern. Sein "Maison Bleu" bietet Reisenden Übernachtungsmöglichkeiten mit eigenem Zelt auf seinem Campo. Seine Frau ist jedoch gerade in Ancud. Wir lernen jedoch Salomé und Anthony kennen, ein Voluntier-Pärchen aus Frankreich, welches auch am reisen ist, und Javier für einige Wochen unter die Arme greift. Wir verbringen spontan einige Tage in guter Gesellschaft und helfen mit. Schnell bemerken wir, dass wir alle Geniesser sind, was das Essen angeht. Also gibt es immer mal was leckeres zu Essen am Abend wie: Choucroute (Sauerkraut) mit Schweinefleisch, ein Asado auf dem Grill und zum Abschluss eine chilenische Spezialität "Curanto", welches mit Fleisch und Muscheln zubereitet wird. Javier bindet uns beim Zubereiten der Köstlichkeiten mit ein und er zelebriert und geniesst dabei in einer Seelenruhe seine Kochkünste.

Maison Bleue

Badespass

Holz fürs Asado
...und den Winter .

Fleischeinkauf mit Javier

Feines Asado


Muscheln putzen

Curanto
chil. Spezialität



Es war ein herzliches Zusammentreffen mit einem lehrreichen, spannenden und humorvollen Austausch über, Kultur, Sprache und Gaumenfreuden. Vielen Dank Javier für die wundervollen Tage in deinem hübschen zu Hause! Gracias por su hospitalidad!
Wir reisen am 15. Februar weiter mit der Fähre von Ancud nach Puerto Montt. Wir haben bereits Reifen für unsere Motorräder vorbestellt und hoffen darauf, dass diese bei unserer Ankunft auf uns warten. Doch wie es kommen kann, ist eine weitere Geschichte auf unserer Reise. In Teil 3 unseres Patagonien Trips fahren wir wieder nach Argentinien nach El Bolsón, durch die Provinz Neuquén wo wir über einige wunderschöne Asphaltpisten atemberaubende Natur und wunderschöne Pässe erleben. Unerwartete Schotterpisten führen uns zu einem Pfarrerpärchen nach Aluminé und danach landen wir bei Holländern im Garten mit einem Glas Wein. Vor Malargüe erwartet uns dann auf der offiziellen Ruta 40 eine 89 km lange Schotterpiste... Hasta luego!